Reisen in Zeiten des Corona-Virus
Man sagt, man soll Reisende nicht aufhalten. Diesen Satz kann ich nur unterstreichen. Denn es kann nichts Gutes bringen jemanden an einem Ort festzuhalten, wenn er eigentlich ganz wo anders sein will. Davon hat weder der Aufhaltende noch der Aufgehaltene etwas.
Doch dann kam Corona und alles wurde anders. Was zuvor undenkbar war, wurde Realität. Und auch die Reisenden wurden aufgehalten und zwar ziemlich drakonisch. Ob das alles so sinnvoll und richtig war, mag dahin gestellt bleiben.
Fakt ist aber, dass das Reisen plötzlich als Gefahr betrachtet wurde und Reisende, die unterwegs von dieser Pandemie überrascht worden sind, als Gesundheitsgefährder. Viele wurden im Ausland beschimpft und auch im eigenen Land wurde man mancherorts angepöbelt, wenn man mit einem fremden Kennzeichen unterwegs war. Plötzlich hat das Wort „regional“ eine ganze andere, wichtige Bedeutung erlangt.
Wie bereits gesagt, soll an dieser Stelle nicht über den Sinn der Reisebeschränkungen bzw. -verbote sowie das irrationale Verhalten von so manchem Zeitgenossen geurteilt werden.
Aber man fragt sich schon als Vielreisenden, wie es denn nun weiter gehen wird. Wie soll man einen Reiseblog aufrechterhalten, wenn man nicht reisen darf? Und wie kriegt man den inneren Reisedrang in den Griff, ohne dass man durchdreht?
Als erstes flüchtet man in die Erinnerungen. Man schaut sich die Bilder der vergangenen Reisen an und erinnert sich an die magischen Momente an den verschiedenen Orten dieses wunderbaren blauen Planten. Aber langfristig bringt diese Strategie leider nicht die gewünschte und benötigte Befriedigung. Es bedarf mehr als nur Erinnerungen. Also, was dann?
Das schöne am Reisen ist, dass man Neues und Unbekanntes spüren, riechen und erleben kann. Möchten man diese Gefühle in Zeiten von Reisebeschränkungen und Kontaktverboten erleben, ist Phantasie gefragt.
Fest steht, dass das Reisen alternativlos ist. Also muss man sich in die Welt aufmachen. Allerdings macht man jetzt „Micro-Reisen“. Was das bedeuten soll? Man sucht das Neue und Unbekannte in einer Welt, die man ansonsten für selbstverständlich betrachtet und so gut wie gar nicht mehr wahrnimmt und man leider oftmals gar nicht mehr zu schätzen weiss.
Der eigene Garten oder der nahe gelegene Wald. Die Natur in der eigenen Umgebung ist voller Geheimnisse, die nur darauf warten entdeckt bzw. wieder entdeckt zu werden.
Gerade in der Frühlingssonne, die wir ja derzeit reichlich geniessen können, erkennt man beim genauen Hinschauen überwältigende farbenfrohe Schönheiten. Wunderschöne Blumen betören einen mit ihrem Duft und fleißige Bienen und Hummeln begeistern mit ihrem enormen Arbeitspensum.
Jeden Tag laden in den frühen Morgenstunden die Vögel zu ihrem Konzert ein. Eine musikalische Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Und ab und zu erblickt man auch einen eher seltenen und schüchternen Nachbarn, der die warme Sonne und einen Snack ebenso genießt, wie wir Menschen.
Für den Geruchssinn gibt es nichts besseres, als einen Spaziergang durch den Wald. Der Duft der Tannennadeln und feuchten Blätter gepaart mit den warmen Sonnenstrahlen, die durch die noch kahlen Baumkronen auf einen scheinen und mit ihrer Wärme den Körper leicht streicheln, ist die effektivste und gleichzeitig kostengünstigste Dufttherapie der Welt. Darüber hinaus tut die gute Luft und die Bewegung das Übrige. Ein ausgiebiger Waldspaziergang bietet somit ein viel zu selten in Anspruch genommenes Wohlfühlpaket.
So mancher wird sich wundern, was man alles Schönes in der eigenen Umgebung entdecken kann.
Eine solche „Micro-Reise“ ist sicherlich kein gleichwertiger Ersatz für eine richtige Reise. Aber hey, besondere Zeiten, erfordern besondere Maßnahmen. Das gilt auch für das Reisen. Versucht es mal.