Wanderung zum Gipfel La Om – Piatra Craiului Gebirge
Wandern in Rumänien – La Om, dem höchsten Gipfel des Piatra Craiului Gebirges
Das Gebirge Piatra Craiului (deutsch: Königstein) ist Teil der rumänischen Südkarpaten und liegt unweit der Stadt Brasov (deutsch: Kronstadt). Schon bei der Anreise über die Stadt Zarnesti fasziniert der Anblick dieses imponierenden „Brockens“, der das gesamte Gebiet überragt und förmlich strahlt.
Mit einer beeindruckenden Höhe von 2.238 m ist La Om, der höchste Gipfel dieses Bergmassivs und der war auch das Ziel unserer Wanderung.
Anreise und Unterkunft
Angereist sind wir mit dem Pkw. Von Bukarest aus sind es bis nach Zarnesti ca. 188 km. Bei normalen Verkehrsverhältnissen braucht man für diese Strecke ca. 3,5 Stunden, wobei das sicherlich nur während der Woche machbar ist. Reist man am Wochenende an, muss man sich auf eine Tagesreise gefasst machen.
Wir sind an einem Dienstag gefahren, so dass wir eine schöne freie Fahrt genießen konnten.
Wir fuhren durch er die wunderschönen Berg-Kurorte Busteni und Sinaia und bogen dann in Richtung Zarnesti ab. Von Zarnesti aus sind wir dann in Richtung Plaiul Foii gefahren.
Dort in unmittelbarer Nachbarschaft zum Berghotel „7crai“ lag unser Campingplatz „Bivuac“. Eine schöner, mit Wasser und Stromanschluss ausgestatteter Platz mit einem unglaublichen Ausblick auf den Bergmassiv Piatra Craiului. Einen schöneren Blick aus dem Zelt oder beim morgentlichen Kaffeetrinken im Freien kann es kaum geben. Dieses Bild hat sich in unser Gedächtnis eingebrannt.

Für diejenigen, die es mit dem Zelten nicht so haben, kann man auch Berghütten oder ein Zimmer in dem Berghotel buchen. Allerdings muss man das Monate im Voraus tun, wenn man eine Chance auf ein Zimmer haben möchte. Auch bezüglich des Campingstellplatzes sollte man sich im Voraus bemühen.
Will man allerdings nicht unbedingt das Wochenende dort verbringen, was wir ausdrücklich empfehlen, weil es dann viel voller ist, als während der Woche, hat man gute Chancen einen Platz auch kurzfristig zu bekommen.
Wanderung zum Gipfel La Om
Für eine Wanderung zum La Om, dem höchsten Gipfel des Piatra Craiului Gebirges, sollte man mindestens 12 Stunden einplanen. Das hängt ein wenig von den Wetterverhältnissen und selbstverständlich von den eigenen Wanderfähigkeiten und Ausdauer ab.
Wir hatten ein wunderschönes Wetter: 27 Grad und Sonne pur. Das Wetter sollte für uns also kein Problem werden, wobei dieser ja bekanntlich in den Bergen schnell umschlagen kann.
Man kann von zwei Seiten auf dem Gipfel gelangen. Von Südosten aus über die Schutzhütte „Refugiul Grind“ oder vom Nordwesten aus über die Schutzhütte „Refugiul Spirla“. Man sagte uns die südöstliche Variante sei die einfachere. Darüber lässt sich unserer Meinung nach aber sicherlich streiten. Fakt ist, das es die weniger ungefährliche Variante ist. Aber einfach ist etwas anderes. Dazu aber noch später.
Der nordwestliche Aufstieg, und das ist unbestritten, ist der schwierigste und gefährlichste Aufstieg in Rumänien und gehört zu den schwierigsten Aufstiegen europaweit. Er ist sehr steil und die Strecke ist etappenweise mit Stahlseilen abgesichert, da man ansonsten nicht weiterkommen würde.
Unstreitig sind aber beide Strecken wunderschön, den sie führen durch den Nationalpark Piatra Craiului, der eine unglaubliche Pflanzenvielfalt aufweist. Auch ist das Piatra Craiului Gebirge das Zuhause von Bären, Wölfen und Gämsen ist. Zumindest Letztere, wollten wir gerne zu Gesicht bekommen.
Wir starteten bei unserem Campingplatz und folgten einem breiten mit Steinen bedeckten Forstweg bis wir nach ca. 2 km ein Schild in Richtung der Schutzhütte „Refugiul Spirla“ erblickten.
Unsere Bergwanderung hat begonnen. Es ging sogleich in einem wunderschönen Wald hinein und es ging sogleich nach oben. Es war steil und es wurde immer steiler. Der steile Anstieg und die Hitze machten uns zu schaffen und das nicht zu knapp. Aber wir gingen immer weiter, denn wir hatten ein Ziel.

Und nach ca. 1,15 Std. waren wir an der Schutzhütte angekommen. Diese Schutzhütten diesen, insbesondere im Winder, aber nicht nur, den Wanderern als Unterkunft. Nicht wenige verbringen die Nach in den Bergen, um so längerer Wanderungen absolvieren zu können. Diese Hütten haben Betten und einen Ofen und sind für jedermann kostenfrei zugänglich.

Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es weiter. Wieder hinein in den Wald und wieder steil nach oben.
Ab hier kamen wir jedoch der steilen Bergwand immer näher und nach nicht allzu langer Zeit, stand wir direkt vor ihm und dachten: da kommen wir unmöglich rauf, das kann nicht der Weg sein. Doch das war der Weg und wir kamen rauf. Aber ab hier fing das Klettern an.
Da es sich beim Piatra Craiului Gebirge um ein Kalkgebirge handelt, existieren viele Spalten und Felsstufen, so dass wir uns überall irgendwie festhalten konnten. Gefährlich war es aber wegen dem Felsgeröll, der überall lag. Jeder falsche Tritt und unsicherer Griff könnte zum Abrutschen und damit zu ganz bösen Folgen führen.
Auch Steinschlag konnte zum Problem werden. Kreuze hatten wir bereits ganz unten am Gebirge entdeckt, so dass uns schnell klar wurde, dass dies kein Kinderspielplatz war. Aber wir gingen weiter. Und es machte uns Spaß.
Wir kamen an Stellen, wo es 90 Grad steil nach oben ging und dachten: so das war´´` s. Aber nein. Dort waren Stahlseine angebracht und mit deren Hilfe ging es auch dort weiter. So krochen wir langsam nach oben.
Es war sehr anstrengend und man musste zusehen, dass man sich den Kopf frei macht und nicht daran denkt, wo man ist. Denn ein „Zurück“ gab es nicht. Ein Abstieg war schlicht unmöglich bzw. noch schwieriger als ein weiterer Aufstieg.
Uns wurde von Fällen berichtet, in denen die Wanderer von Panikattacken erfasst wurden und weder vor noch zurück konnten und schließlich nur noch mit dem Hubschrauber der Bergwacht befreit werden konnten. Das war für uns aber keine Option. Also Augen zu und durch, wobei das mit „dem Augen zu“, lediglich als Redewendung an dieser Stelle zu verstehen ist. Darauf möchten wir ausdrücklich hinweisen.
Es wäre nicht nur das schnelle Ende des Aufstiegs, aber man würde auch den traumhaften Ausblick von da oben verpassen. Und das wäre unverzeihbar. Es war grandios. Aber wir waren noch nicht am Ziel. Es ging weiter.
Kurz vor dem Gipfel erblickten wir eine Gams (rum.: capra neagra). Sie war die erste der insgesamt drei Tiere, die wir an diesem Tag zu sehen bekommen sollten und das Begegnen dieser seltenen Gipfelbewohner hat uns sehr glücklich gemacht, da es nicht selbstverständlich ist, solche schönen Tiere in der freien Wildbahn zu begegnen.
Ihre graziösen und schnellen Bewegungen auf dem felsigen und steilen Gelände ließen uns aussehen wie Elefanten im Porzellanladen. Aber das war uns egal. Wir waren schon weit gekommen und der Blick nach oben zeigte uns, dass wir es nicht mehr weit bis zum Ziel hatten. Noch ein paar Meter; steile Meter, aber wenige. Das war Motivation genug.
Der Gipfel La Om
Und dann sind wir oben angekommen. Es war herrlich. Nicht nur das atemberaubende Panorama und die Gewissheit, nur noch wenige Meter vom höchsten Gipfel des Piatra Craiului Gebirges entfernt zu sein. Sondern auch die Genugtuung und warum nicht der Stolz den schwierigsten Aufstieg Rumäniens heil überstanden zu haben. Es war einfach super.
Am Ende des Aufstiegs und Beginn des Bergkamms steht die Schutzhütte „Refugiul Saua Grindului“. Dort machten wir eine etwas längere Pause bevor wir dann über den Bergkamm, einem schmalen Pfad folgend, weiter gingen zum Ziel unserer Wanderung: La Om, dem höchsten Gipfel des Piatra Craiului Gebirges.
Nach ca. 15 Minuten sind wir dann am Gipfel angekommen. Erschöpft aber überglücklich und zufrieden sackten wir zusammen und genossen still den Ausblick. Wir ertränkten unsere Blicke in der unglaublichen Schönheit des Panoramas.
Sie reichten im Osten bis zu dem Bugeci-, und im Westen bis zu dem Fagaras-Gebirge. Es war überwältigend und ehreinflößend zugleich. Was dann folgte, war das obligatorische Foto mit Flagge am Gipfel und zahlreiche weitere Fotos rum herum.
Wir blickten auch hinunter zu unserem Zeltplatz und es wurde uns sehr deutlich, wie unbedeutend der Mensch in Wirklichkeit im Vergleich zur Natur und insbesondere zu diesem imposanten Gebirge ist. Wir stellen uns an solchen Orten unweigerlich immer wieder die Frage, mit welcher Rechtfertigung sich der Mensch so wichtig nimmt und sich über die Natur erhebt. Denn ist man ehrlich, muss man anerkennen, dass es absolut keine Rechtfertigung für diese Selbsterhöhung gibt.
Der Abstieg
Nach ungefähr 30 Minuten wollten wir den Abstieg starten. Aber auf welcher Route? Es gibt drei Möglichkeiten wieder vom Gipfel La Om herunterzukommen. Da ist zunächst einmal die nordwestliche Variante, also derselbe Weg wie beim Aufstieg. Das für uns aber keine Option. Unserer Meinung nach ist dieser Abstieg viel zu riskant und gefährlich, ja teilweise sogar lebensgefährlich. Das wollten wir uns nicht antun.
Man kann dann noch über den Kamm gehen und auf der Anderen Seite des Bergkamms heruntersteigen. Aber dafür benötigt man noch weitere 7 oder 8 Stunden. Ungefähr 2 bis 3 Stunden, um den Kamm zu überqueren bis zum Gipfel „Varful Ascutit“ und noch die Stunden für den Abstieg.
Nicht nur dass auch diese Variante recht gefährlich ist, aber wir hatten diese Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit einfach nicht mehr. Entscheidet man sich für diese Variante, sollte man eine Nacht auf dem Berg in der Schutzhütte einplanen und den Abstieg am nächsten Tag durchführen.
Da wir aber die Übernachtung auf dem Berg nicht eingeplant hatten, blieb uns nur noch der südöstliche Weg über die Schutzhütte Grind – die angebliche einfachere Variante.
Der Weg beginnt gleich beim Gipfel La Om. Und es geht gleich steil nach unten. Und ich meine wirklich steil. Und so steil geht es stunden lang weiter.
Nach kurzer Zeit war jeder Tritt eine Qual für die Knöchel und die Knie. Die Beinmuskulatur verkrampfte und es war uns zum Heulen. Der bemitleidende Blick einer weiteren Gams, die unseren Weg kreuzte und von einem Felsen auf uns herabschaute, war nur allzu gerechtfertigt.
Nach ein paar Stunden kamen wir bei der Schutzhütte „Refugiul Grind“ an, wo wir pausierten. Von dort ging es weiter steil hinunter in Richtung Prapastiile Zarnestului.
Wir überquerten grüne Auen, wunderschöne Bergwiesen, durchkreuzten Wälder und folgten ausgetrockneten Bergflussbetten, die zwischen hohen Felswänden eingebettet waren, bis wir schließlich beim Fantana lui Botorg (Brunnen von Botorog) ankamen.
Diese ca. 6-stündingen südöstlichen Variante als die leichtere zu bezeichnen, finde ich sehr fragwürdig. Es ist zweifelsohne die ungefährlichere. Aber die leichtere? Wohl kaum.
Man benötigt unglaublich viel Ausdauer und Kraft, insbesondere wenn man vorhat, den Gipfel auf diesem Weg zu erreichen. Da finde ich persönlich das Klettern auf der Felswand wesentlich attraktiver.
Wie dem auch sei, wir jedenfalls waren nach ca. 5 Stunden endlich wieder im Tal angekommen. Da wir uns nun jedoch leider auf der falschen Seite des Berges befanden, mussten wir abgeholt werden, wollten wir nicht noch eine 12 km lange Wanderung um den Berg herum zum Campingplatz unternehmen.
Es war für uns eine der spektakulärste Wanderung, die wir bis dato unternommen haben. Allein schon der unglaublich herausfordernde Aufstieg über die steilen Felswände war ein erhebendes und unbeschreiblich befriedigendes Erlebnis.
Der Ausblick vom Gipfel, die Stille, die Luft sowie das Eintauchen in diese wunderbare Natur und die Begegnungen mit den prachtvollen Bergbewohnern haben dieser Bergwanderung das Gewisse Extra gegeben. Diese Wanderung als eine spirituelle Erfahrung zu bezeichnen wäre vielleicht ein wenig zu viel, oder aber auch nicht.
Tipps
Wir können diese Wanderung nur empfehlen. Soll sie jedoch in guter Erinnerung bleiben, sollte man unbedingt auf einige Punkte achten. Zunächst einmal sollte man wirklich gute Wanderschuhe tragen. Falsches Schuhwerk kann da oben fatale Folgen nach sich ziehen.
Auch wenn beim Starten der Tour die Sonne scheint, sollte man trockene und Funktionskleidung dabeihaben. Eine Taschenlampe ist auch ein Muss.
Auch empfehlen wir Schutzhelme zu tragen. Das mag jetzt ein wenig übertrieben klingen und man kann den Berg sicherlich auch ohne besteigen, wie wir es auch getan haben. Aber Steinschlag ist eine konkrete Gefahr dort oben.
Jeder Tritt des Vordermannes löst einen Steinschlag aus. Meistens kleinere, aber auch die können wirklich weh tun und ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe solch einen Stein auf die Hand bekommen und es macht keine Freude.
Auch sollte man reichlich Trinkwasser mit sich führen, denn auf der ganzen Stecke gibt es keine Möglichkeit diese Wasserreserven aufzufüllen.
Und schließlich sollte man morgens früh aufbrechen. Die Wanderung ist sehr lang und man sollte auch noch etwaige Verzögerungen einplanen. Zwar ist die Strecke gut ausgeschildert, aber man kann sich dennoch mal verlaufen und somit Zeit verlieren.
Und es gibt eine Sache, die man niemanden Wünscht: nämlich, dass die Dunkelheit über einem fällt. Denn dann ist Schluss mit Lustig. Meistens bedeutet das, die Nacht dort zu verbringen, wo man gerade ist, denn es ist fast unmöglich den Abstieg bei Dunkelheit heil zu überstehen.
Daten der Wanderroute
Gesamtstrecke: 26,61 km
Gesamtdauer: 11,22 Stunden
Max. Höhe 2.238 m
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